Eine Insel am anderen Ende der Welt. 20 Millionen verrückte Angler. Aber wie ticken die Japaner anglerisch? Wir stellen Euch die exotischsten Methoden und Fischarten vor. Heute: Ayu.

Gamakatsu-Pro Kenichi Kitamura hatte Erfolg mit dem Ayu

Ayu kannte ich als Bezeichnung eines Köderdekors. Doch lange wusste ich nicht, dass das „Original“ ein Fisch aus Ostasien ist. In Japan hat die Stintart kulinarisch mindestens den gleichen Stellenwert wie bei uns der Lachs. Allerdings wird der Ayu bei Weitem nicht so groß. In der Literatur ist die Maximallänge mit 70 Zentimetern angegeben. Das klingt mir aber sehr hoch gegriffen. Nach allem, was ich bislang auf Fotos und in Filmen gesehen habe, scheint die Durchschnittsgröße bei 20 bis 30 Zentimetern zu liegen. Bei meinem Besuch auf der Angelmesse in Osaka 2018 waren es einmal mehr die zahlreichen Videos, die meine besondere Aufmerksamkeit erregten. Ich sah Japaner mit irre langen Ruten bis zu den Achseln in reißenden Flüssen stehen. Was zur Hölle machen die da? Sind die lebensmüde?

Ich ließ mich aufklären. Sie angeln auf Ayus. Und zwar mit lebendigen Artgenossen als Köder (Decoy-Fishing). Yoshitaka Yamaguchi von Gamakatsu/Spro erklärte mir, dass es viele Methoden gibt, die extrem beliebten Ayus zu fangen. Es werden Netze, Fischfallen, Kunstköder und mitunter sogar noch traditionell abgerichtete Kormorane eingesetzt. Aber die Angelei mit den Lebendködern gilt als die ganz hohe Kunst.

Rabiate Angelmethode, um den Ayu zu fangen

Die Methode wirkt auf uns Mitteleuropäer ziemlich rabiat. Ein lebendiger Ayu wird mit einer Art Nasenring angeködert, im Afterbereich mittels eines kleinen Hakens ein frei schwebender Drilling, Vierling oder ein Hakensystem angebracht. Da Ayus territorial veranlagt sind, attackieren sie Artgenossen, die in ihr Revier eindringen. Dabei bleiben sie an den Haken hängen. Oft nicht im Maulbereich, sondern seitlich. Was bei uns als „Reißen“ undenkbar wäre, ist in Japan völlig normal. Auch hinsichtlich der lebenden Köder gibt es keinerlei Vorbehalte. Andere Länder, andere Sitten…

Der Ayu (Plecoglossus altivelis) ist eine Stintart, die in Ostasien von Hokkaido bis Vietnam vorkommt. Die Fische weisen eine Besonderheit auf: Neben Kleintieren und Plankton ernähren sie sich von Algen, die sie von Steinen abschaben. Dafür haben sie 10 bis 15 Schrägreihen lamellenförmiger Zähne, die von innen laufend ersetzt werden. Die Abnutzung an den Felsen stört den Ayu also nicht. Er laicht im Süßwasser und lebt vorwiegend im Meer. Es gibt aber auch Stämme in Seen, die sich ganzjährig im Süßwasser aufhalten. Sie bleiben kleiner und laichen einmal am Lebensende (bei einer Größe von rund 30 Zentimetern). Die wandernden Ayus werden größer und unternehmen die Laichzüge mehrmals im Leben. In Japan werden große Anstrengungen (Besatz, Forschung) unternommen, um den Ayu zu schützen. Er ist als Angel- und Speisefisch äußert beliebt.

 

Lest hier Teil 1 unserer Serie „So angelt Japan: Der Tachiuo„!

Den kompletten Artikel unserer Serie findet Ihr immer in Eurer aktuellen RUTE&ROLLE!
Autor: Georg Baumann

 

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