Nordnorwegen lockt mit kapitalen Fängen. Heilbutte, Großdorsche & Co machen das Revier am Kjøllefjord zu einem Traumrevier für Meeresangler. Jan Schilling und Timo Keibel waren am nördlichsten Punkt des europäischen Festlands mit der Angelrute unterwegs.

Autor Timo Keibel           Fotos Timo Keibel, Jan Schilling

Dorsche lauern an vielen Spots am Kjøllefjord

„Bam, bam – BAM“ peitschen die Wellen an den Rumpf unseres 23-Fuß-Alubootes, als wir uns zügig aber sicher über den noch aufgewühlten Laksefjord in Richtung Kartøya in Nordnorwegen stampfen. Jetzt kommt es auf das richtige Spiel mit der Einhebelschaltung an. Nach etwas weniger als einer Stunde erreichen wir unser Ziel. Eine langgezogene Nase – Storskallen (GPS: 70°51’47.4″N 26°48’50.8″E) – in einer Tiefe von rund 70 Metern umgeben von tiefem Wasser soll den Erfolg bringen. „Die Dorsche stehen tief“, meinte Jonny, Berufsfischer und Co-Betreiber der Anlage am Kjøllefjord in Nordnorwegen, bei morgendlichen Schnack. „Lass es uns hier versuchen“, erinnere mich an Jonnys Worte. „Die Insel bietet außerdem etwas Windschatten“, sage ich zu Kumpel Jan, der mich diese Woche begleitet.

Die Echolot-Anzeige wirkt leer. Aber kaum erreicht Jans Pilker den Grund, klinkt sich ein erster Abnehmer ein. „Fisch ist schon mal da“, meinte er. Wir driften weiter: 80, 90, dann zeigt das Echolot knapp über 100 Meter an und ich schicke meinen blau-silbrigen 300-Gramm-Pilker erneut auf Tauchstation. Was dann passiert, ist für mich die Krönung dieser Tour!

Höchster Standard in Nordnorwegen

Aber spulen wir erst einmal ein paar Tage zurück an den Beginn unseres Trips. „Es ist leicht unruhig Offshore, aber ihr könnt sicherlich angeln“, begrüßt uns Tor Petter Krogh, der andere CO-Betreiber des Angelcamps am Kjøllefjord, noch bevor wir unser Apartment bezogen haben. Nach einer reibungslosen Flugreise über Oslo, Tromsø und kurzen Zwischenstopps in Hammerfest, Honningsvåg und Mehamn erreichen wir unser Ziel: Kjøllefjord! In den kommenden Tagen soll es raus auf die Barentssee gehen, um der Königin des Nordmeers nachzustellen. Zahlreiche und riesige Heilbutte machen das Revier am Kjøllefjord zum Besten, was man in Sachen Kveite – so der norwegische Name für Heilbutt – erleben kann. Unsere Erwartungen sind hoch. Bereits vor der Reise fragte mich Jan regelmäßig: „Meinst du, wir fangen so große Platten?“. „Ich würde mich schon über eine einzige freuen“, lautete stets meine Antwort.

Die zahlreichen Fangfotos an den Wänden des Aufenthaltsraums der Anlage steigern die Vorfreude: da ein dicker Dorsch, hier ein kräftiger Seewolf, dort unzählige Heilbutte im Traumfischformat! „Junge, guck Dir diese Klamotten an“, sagt Jan sichtlich erstaunt, während wir auf Tor Petter warten. Auf dem großen Fernseher checken wir bereits die Wettervorhersage. „Offshore sind zu hohe Wellen und zu viel Wind, im Fjord geht’s aber“, hören wir hinter uns. Tor Petter ist da, begrüßt uns freudig und startet die Einweisungs-Tour. „Vor jeder Ausfahrt müsst Ihr Euch mit der Personenanzahl anmelden und zusätzlich ein AIS-Sender mit an Bord nehmen. Die Sicherheit unserer Gäste ist das Wichtigste!“, erklärt Tor. Jan und ich sind heiß, machen das Gerät fertig und stechen in See.

Gummifische selektieren und locken die größeren Fjorddorsche an die Haken

 Fjord voller Fisch

Am Ausgang des Fjords in Nordnorwegen klappern wir verschiedene Stellen ab. Wir steuern die auffällige Unterwasserstruktur (GPS: 70°59’13.6″N 27°11’39.2″E) vor der Insel Finnkjerkskjæret an. Beginnen die Drift auf 25 Meter und lassen uns Richtung tiefes Loch treiben. Aufgrund der starken Drift sind schwere Eisen im Einsatz. Mit 200 bis 300 schwere Pilker kommen wir klar. Bisse gibt es quasi auf der gesamten Drift. Erst sorgen kleine Köhler für krumme Ruten, dann sind es Dorsche im Küchenformart. Immer wieder schnappen sich auch kleine und große Schellfische und Lumbs die Köder. Langeweile kommt bei der ersten Ausfahrt nicht auf und die Bütt füllt sich quasi von alleine. Wir wechseln noch ein paarmal die Spots, probieren es auf der anderen Fjordseite mit stets dem gleichen Ergebnis: kleine Köhler und Küchendorsche in rauen Mengen.

Butt, der erste

Der Windgott ist gnädig und schläft ab den Mittagsstunden an Tag zwei ein. Somit können wir entspannt in den Tag starten, ausgiebig Frühstücken, neue Vorfächer knüpfen und neuste Tipps von Tor Petter und Jonny einholen. Da alle anderen Boote Richtung Kartøya fahren, entscheiden Jan und ich uns für einen Versuch rund um Mårøya. Bei der Ausfahrt legen wir einen kurzen Zwischenstopp an den Stellen vom Vortag ein, um ein paar Köderfische zu fangen. Das 23-Fuß-Kværnø mit Hardtop gleitet schön über die sich legenden Wellen. Gut 45 Minuten dauert die Fahrt bis zum Spot (GPS: 70°50’12.6″N 27°20’35.3″E). „Ich sehe zwar keine Anzeige, aber lass es uns einfach mal probieren“, sage ich zu Jan. Während er seinen Pilker auf Fangfahrt schickt, greife ich zum Gummifisch.

Die Drift stimmt und wir driften über die sandige Fläche. „Hol mal hoch. Wir setzen um“, sage ich zu Jan. Der kurbelt seinen Pilker mit etwas Tempo und kurzen Stopps aus rund 80 Meter hoch. „Oh! Was ist das?“, höre ich. „Hänger?“, wird meine Nachfrage mit einer krummen Rute und kreischenden Bremse beantwortet. Der Fisch reißt auf der ersten Flucht etliche Meter Schnur von der Rolle. Jan und mir ist sofort klar – das kann nur ein Butt sein! „Junge, die haben aber Dampf“, staunt Jan bei einer weiteren Flucht. Langsam gewinnt er Schnur und bugsiert den Fisch zur Oberfläche. „Ein Küchenbutt! Den nehme ich direkt“, sage ich. Das Gaff sitzt im Maul und die Landung glückt. „Alter, aber wie die sich verkaufen!“, freut sich Karpfenangler Jan über seinen ersten Heilbutt.

Den ganzen Artikel findet Ihr in RUTE & ROLLE 12/24.

 

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