Ganz klar: Boilies sind der Karpfen-Köder Nummer eins! Die Lockwirkung der gekochten Teigkugeln ist aber noch ausbaufähig. Wie Ihr Boilies von der Stange attraktiver macht, verrät Tobias Norff.
Autor Tobias Norff Fotos Tobias Norff, Jesco Peschutter
Boilies haben das moderne Angeln auf Karpfen mitbegründet. Insbesondere die zähe Konsistenz der „Wunderkugeln“ macht sie klassischen Karpfenködern gegenüber so überlegen. Zwar beißen immer wieder auch größere Weißfische auf die Murmeln, aber insgesamt lässt sich mit Boilies trotzdem sehr selektiv auf Karpfen fischen. Das ermöglicht wiederum den Einsatz mehrerer Ruten gleichzeitig sowie entspanntes Angeln über längere Zeiträume hinweg.
Die Kehrseite der Kugeln
Die Konsistenz der Boilies ist gleichzeitig ihr größtes Manko. Die lockwirksamen Inhaltsstoffe ‒ also das, was die Karpfen attraktiv finden ‒ sind im Boilie gebunden. Diese Attraktoren lösen sich erst nach und nach aus dem Köder, wenn dieser im Wasser auswäscht. Gute Boilies besitzen zwar eine gewissen Menge wasserlöslicher Stoffe und beginnen dadurch sofort nach dem Eintritt ins Wasser damit, Attraktoren freizugeben ‒ aber längst nicht so viele, wie es bei ungekochtem Teig, Grundfutter oder Pellets der Fall wäre. Wir bezahlen die widerstandsfähige Konsistenz der Boilies also mit einer relativ geringen Freisetzung von Aromen und anderen Stoffen, die der Karpfen liebt. Wenn Ihr über eine längere Zeit Futterplätze vorbereitet, fällt das kaum ins Gewicht. Die Karpfen wissen dann ganz genau, wo es lecker was zum Mampfen gibt und steuern Euren Platz so oder so regelmäßig an. Wer aber ‒ so wie ich ‒ lieber ohne Vorfüttern angelt, kann mit hoch attraktiven, schnell wirksamen Ködern ordentlich an der Fangschraube drehen. Denn jetzt kommt es darauf an, so schnell wie möglich die Aufmerksamkeit vieler Karpfen zu erregen und ihren Appetit zu wecken.
Was Karpfen anzieht
Bei mir fliegt kaum ein Boilie ins Wasser, den ich nicht zuvor ein wenig aufgemotzt habe. Das Ziel ist klar: Ich möchte eine schnellere und insgesamt stärkere Lockwirkung der Köder erreichen, ohne dabei jedoch auf die zähe Konsistenz der Boilies verzichten zu müssen. Für die Nachbehandlung der Murmeln eignen sich unzählige, überwiegend flüssige Mittelchen. Passend zur Boiliesorte bieten viele Hersteller das passende Liquid an ‒ eine geschmacklich auf den Boilie abgestimmte Rezeptur mit verschiedenen Attraktoren wie Süßstoffe, Fruchtsäuren, Aminosäuren und Öle. Ihr könnt aber auch Einzelzutaten zum Pimpen Eurer Boilies verwenden: Bewährt haben sich zum Beispiel Fischöl, Hanföl, Melasse, Orangenöl und Fischsauce aus dem Asiamarkt.
Liebend gerne nutze ich auch den Sud, der beim Kochen und anschließendem Gären meiner Partikelköder entsteht. Dieser Saft ist voller Inhaltsstoffe, die der Karpfen liebt ‒ und dazu sogar kostenlos! Interessant sind ebenfalls die jüngst in Mode gekommenen Enzyme. Diese werden zu den Boilies gegeben und regen die Zersetzung der in den Ködern enthaltenen Mehle an. Der Prozess ist derselbe wie beim Zubereiten von Partikeln. Durch die Enzyme werden Stärke, Fette und Proteine aufgespalten in besser wasserlösliche und damit attraktivere Bestandteile wie Zucker, Aminosäuren und Peptide. Beachten solltet Ihr, dass die Enzyme auf den Hauptbestandteil der Boilies abgestimmt werden müssen. Im Handel sind Enzym-Dips und -Pulver sowohl für Boilies auf Fischmehl- als auch Getreidebasis erhältlich. Einfach mal nach „Boilie Enzyme“ bei Google suchen.
Strohfeuer oder Langzeitwirkung
Ihr könnt den flüssigen Lockstoff einfach über die Boilies geben, das Ganze gut durchmischen und direkt anfüttern. Der Attraktor umhüllt die Köder dabei aber nur oberflächlich. Das bedeutet: Im Wasser löst er sich sofort wieder ab. Die Wirkung ist sehr stark und direkt, aber von kurzer Dauer. Ich möchte in der Regel aber, dass meine Boilies die Attraktoren über einen längeren Zeitraum gleichmäßig freigeben. Dafür bedarf es ein wenig Vorbereitung: Zunächst trockne ich fertige Boilies für einige Zeit nach, bis sie einen Teil ihrer Feuchtigkeit verloren haben und richtig schön hart sind.
Verteilt die Boilies dazu am besten in einer Gitterkiste und wendet sie zwischendurch immer mal wieder. Wichtig: Die Köder nicht direkt in die Sonne stellen! Dort trocknen sie zu schnell und werden dadurch eventuell brüchig. Je geringer der Wassergehalt der Boilies, desto mehr flüssige Attraktoren können sie später aufnehmen, ohne dabei übermäßig weich zu werden. Sind die Murmeln nach einigen Tagen schön trocken, kommen sie in einen Eimer mit Deckel und werden gründlich mit dem flüssigen Lockstoff vermengt. In den nächsten zwei, drei Tagen schüttle ich die Boilies im Eimer immer mal wieder gut durch, damit auch alle Köder ihre Portion Lockstoff abbekommen. Nach einiger Zeit haben die Boilies die gesamte Flüssigkeit aufgenommen und sind bereit fürs Füttern. Sollten die Köder durch den Einsatz von zu viel Flüssigkeit zu weich geworden sein, könnt Ihr sie im Anschluss durch erneutes Trocknen wieder härter machen. Wenn ich Partikelsud zum Nachbehandeln verwende, hänge ich die zuvor getrockneten Boilies gerne für einige Stunden mit einem Sieb in den Partikeleimer. So können sie sich mit dem „guten Zeug“ richtig schön vollsaugen.
Pulver und Enzyme für Karpfen
Für die Behandlung mit Enzymen ist ein wenig mehr Einwirkzeit nötig, denn der Zersetzungsprozess muss zunächst mal in Gang kommen und ein wenig fortschreiten. Enzyme brauchen Wärme. Um den Prozess zu beschleunigen, lagerst Du die behandelten Boilies daher am besten bei Zimmertemperatur. Mit der Zeit werden die Enzym-Boilies immer weicher und geruchsintensiver. Klar, schließlich zersetzen sie sich langsam. Drohen die Murmeln zu weich zu werden, könnt Ihr den Prozess durchs Einfrieren stoppen oder durch eine kühlere Lagerung deutlich verzögern… (den kompletten Artikel findet Ihr in der Ausgabe 9 Eurer Rute & Rolle)
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