Der Präsident des Fischereiverbands Saar (FVS), Andreas Schneiderlöchner, greift den Deutschen Angelfischerverband (DAFV) scharf an. Er wirft dem Verband fehlende Initiative und falsche Personalpolitik vor. Nun hat der FVS seinen Austritt aus dem Dachverband beschlossen, die Kündigung wird 2019 wirksam. Andreas Schneiderlöchner sprach mit Chefredakteur Georg Baumann über die Hintergründe.
Der Fischereiverband Saar hatte ja bereits 2015 zunächst den Austritt beschlossen, das neu gewählte Präsidium wollte es dann aber doch noch mal mit dem DAFV versuchen. Jetzt erfolgt der endgültige Abschied. Was ist passiert?
Andreas Schneiderlöchner (AS): Das Problem ist, dass eben nichts oder zu wenig passiert ist. Die von uns geforderten strukturellen und personellen Reformen haben nicht stattgefunden. Damals wurden zwar Reformen angekündigt. Denen wollten wir eine Chance geben. Inhaltlich herrscht aber Stillstand und auch die Öffentlichkeitsarbeit kommt nicht voran. Von einer modernen, schlanken und transparenten Verbandsstruktur, also einer schlagkräftigen Aktionsplattform mit großen Gestaltungsmöglichkeiten für die Mitgliedsverbände, kann keine Rede sein.
Der von mir gemachte Vorschlag, die Satzung des DAFV dahingehend zu ändern, dass sich das Gesamtpräsidium aus den Präsidenten der Mitgliedsverbänden und dem durch die Hauptversammlung des DAFV zu wählenden geschäftsführenden Präsidium zusammensetzt, wurde nicht aufgegriffen, obwohl derart gewährleistet wäre, dass die Mitgliedsverbände über die Grenzen der von mir ebenfalls vorgeschlagenen, die interne Entscheidungsfindung vorbereitenden Fachgruppen hinweg die Außendarstellung und die Interessenvertretung des DAFV aktiv mitgestalten würden. Insgesamt fühlen wir uns nicht gut vertreten, deswegen nun der endgültige Austritt.
Eine Kehrtwende wie damals ist nicht in Sicht?
AS: Nein. Die Beschlüsse stehen. Wir sind definitiv raus aus dem DAFV.
Was kritisieren Sie denn inhaltlich?
AS: Ich verstehe ja, dass es in den Bundesländern verschiedene rechtliche Bedingungen und Interessen gibt. Da ist es nicht immer leicht für einen Dachverband, gemeinsame Positionen zu finden. Aber es kann doch nicht sein, dass ein Bundesverband stets nur den allerkleinsten gemeinsamen Nenner vertritt und nicht aktiv Zeichen im Sinne der Angler setzt. Beim Kampf gegen die PETA wurden wir alleine gelassen. Von Seiten der Verbandsspitze hieß es immer, man wolle denen keine Plattform bieten. Statt aktiv zu handeln, sucht man Ausflüchte, indem man nach Möglichkeiten sucht, der Tierrechtlerorganisation irgendwann einmal die Anerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit streitig machen zu können. Aber wenn man sich aktuell nicht wehrt und nicht vom Verteidigungs- in den Angriffsmodus wechselt, nicht effektive Strategien entwickelt und „Spielzüge“ plant, geht man unter und wird zum Spielball. Das und das Fehlen einer geistigen Führung, von Visionen und Zielen hat uns sehr enttäuscht. Darüber hinaus mangelt es massiv an einer guten Öffentlichkeitsarbeit. Aus dem Präsidium heraus hat man mir zwar angeboten, in einem sogenannten „Zukunftsteam“ mitzuarbeiten, jedoch sehe ich keine wirkliche Bereitschaft, alte Zöpfe abzuschneiden und neue Wege zu gehen.
Aber der DAFV hat Anfang letzten Jahres doch extra einen Pressereferenten eingestellt.
AS: Das ist zwar richtig, aber anstatt eines echten Medienprofis wurde ein IT-Experte eingestellt. Der ist in der Presselandschaft nicht richtig vernetzt und muss sich in den Job erst einarbeiten. Ob diesem der Aufbau eines effektiven politischen und medienwirksamen Netzwerkes gelingt, wage ich zu bezweifeln. Jedenfalls handelt es sich dabei um einen langfristigen Vorgang, wofür die notwendige Zeit fehlt, da wir längst handlungsfähig sein müssten. Ähnliches gilt übrigens für den Geschäftsführer – auch er ist ein Neuling in seinem Aufgabenfeld und muss sich erst einfinden. Das ist übrigens auch den beiden gegenüber unfair, denn es werden Erwartungen an sie herangetragen, die sie so schnell gar nicht erfüllen können. Wenn man schnell professionell arbeiten will, muss man halt auch erfahrene Profis einstellen. Das kostet zwar Geld, wäre aus meiner Sicht aber gut angelegt.
Was würden Sie sich denn von der Öffentlichkeitsarbeit wünschen?
AS: Wir brauchen Kampagnen, die das Angeln ins rechte Licht setzen. Sowohl als Kulturgut als auch als tierschutzgerechteste Form der Gewinnung des gesunden Nahrungsmittels „Fisch“. Die Zusammenarbeit mit anderen Nutzerverbänden muss aufgenommen und gefördert werden. Ein regelmäßiger Dialog mit anderen Natur- und Tierschutzverbänden muss auch auf Bundesebene geführt werden, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und Vorbehalte abzubauen. Ziel muss es sein, die Angler als wichtigste Ansprechpartner in Fragen der Fischerei- und Gewässerbewirtschaftung im politischen Raum zu etablieren, so wie wir das auf Landesebene geschafft haben.
Aggressive öffentliche Reaktion (auch mit negativ besetzten Schlagworten) in den sozialen Netzwerken darf nicht ausgeschlossen sein, wenn diese notwendig und erfolgversprechend ist. Da der Mensch nur verteidigt, was er kennt, müssen Menschen das Angeln kennen lernen, z.B. in Schnupperkursen für alle Altersstufen und Angelarbeitsgemeinschaften in Schulen. Aber auch die wirtschaftliche Bedeutung des Angelns sollte herausgestellt werden. Wenn wir das in die Köpfe der Menschen bekommen, haben es die militanten Tierrechtsaktivisten mit ihren infamen Angriffen deutlich schwerer.
Aber ist es nicht ein großer Nachteil, auf Bundesebene keine Vertretung mehr zu haben? Schließlich werden dort wichtige Rahmenentscheidungen getroffen.
AS: Wenn die Große Koalition kommt, haben wir wahrscheinlich bessere Kontakte in die Bundesregierung als der DAFV. Auch im Saarland haben wir eine große Koalition. Der designierte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), die designierte Generalsekretärin der CDU Annegret Kamp-Karrenbauer, der designierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stammen aus dem Saarland. Das Bundesumweltministerium wird im Falle einer großen Koalition von der SPD besetzt, ebenso das Außenministerium, sodass wir über unseren Umweltminister im Saarland Reinhold Jost (SPD) auch weiterhin nach dort gute Verbindungen haben würden. Unsere Interessen können wir also ganz gut selber vertreten.
Aber wäre ein Dachverband mit seinen vielen Mitgliedern auf Bundes- und Europaebene nicht deutlich schlagkräftiger?
AS: Doch. Aber dafür müsste er halt auch effektiv arbeiten. Ich kann auch nicht ansatzweise erkennen, dass sich der DAFV in die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD eingebracht hat. Stattdessen sorgt der DAFV mit seiner Präsidentin auf der verbandseigenen Homepage aktuell wieder mit politisch gefärbten Kommentierungen im Zusammenhang mit dem Umweltgift Glyphosat für eine Zementierung des bereits schlechten Kommunikationsklimas mit dem SPD geführten Bundesumweltministerium, obwohl die SPD gerade ihre Mitglieder über den Eintritt in eine große Koalition abstimmen lässt.
Was sich in Zukunft entwickelt, kann ich nicht sagen. Eventuell wird sich ja der wesentlich effektiver arbeitende Deutsche Fischereiverband zu einem solchen Dach entwickeln, wenn denn der DAFV einer Satzungsänderung des Deutschen Fischereiverbandes zustimmt oder gar selbst dort als Mitglied austritt. Dann könnten die Landesverbände dort nämlich direktes Mitglied werden. Aber für Spekulationen ist es noch zu früh. Für gute Lösungen im Sinne der Angler sind wir offen.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Interview: Georg Baumann
Das Interview ist aus anglerboard.de. Hier kommt Ihr zum entsprechenden Thread!