Die Nordsee ruft – und unser Volontär Timo Keibel folgt ihr gerne und berichtet euch über das Kutterfischen in Norddänemark! Denn die Gewässer dort sind noch immer reich an Fisch. Wie er dort angelt und welche Kutter euch ans Gelbe und Weiße Riff bringen, verrät er hier:

Endlich geht´s los

Nachdem das Wetter mir lange einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, gab der Kapitän der MS Muddi endlich das „Go“. Die Nordsee rief! Unser Ziel waren in erster Linie die zahlreichen Wracks, die entlang der dänischen Nordseeküste liegen. Hier haben viele Schiffe ihre letzte Ruhe gefunden und bieten nun Dorsch, Leng, Köhler und vielen anderen Meeresräubern eine Heimat. Bis zur Norwegischen Rinne zieht sich das Gebiet, das den meisten Anglern als „Gelbes Riff“ oder „Weißes Riff“ (südlicher gelegen) bekannt sein dürfte. Die Namen täuschen aber, denn „das Riff“ ist eigentlich eine Ansammlung von diversen Steinerhebungen und den angesprochenen Wracks – eine riesige Fläche! Mittlerweile ist es gerade um das legendäre „Gelbe Riff“ ruhiger geworden. Machte das Gebiet vor 20 Jahren noch mit unglaublichen Fängen riesiger Dorsche und gewaltiger Leng von sich Reden, werden heute deutlich weniger Ausnahmefische gefangen. Die Zeiten, in denen auf jeder Tour Dorsche weit über 30 Pfund kamen, sind leider Geschichte. Trotzdem ist und bleibt das Seegebiet vor Norddänemark eine Bank zum Meeresangeln. Volle Fischkisten und sehr gute Durchschnittsgrößen dürft ihr hier erwarten.

Kutterfischen mit der Muddi auf See

Unser Kutter, die MS Muddi, sollte um 2.00 Uhr im kleinen Fischereihafen von Thorsminde in See stechen. Also ging es gegen Mitternacht von Hvide Sande, wo wir ein Ferienhaus gemietet hatten, gen Norden und nach einer guten halben Stunde im Auto erreichten wir den Kai. Erfreulich: Keine zehn Meter entfernt vom Liegeplatz der MS Muddi gibt’s kostenfreie Parkplätze. Eine feine Sache angesichts der schweren, mit Pilkern vollgestopften Köderkisten. Gegen 1.30 Uhr trudelten dann auch die Mitfahrer ein und Kapitän Ivan schmiss den Diesel an. Ein 20-Stunden-Trip erwartete uns, der die MS Muddi weit hinaus auf die Nordsee führen sollte. Vier bis fünf Stunden Anfahrt bis zur ersten Drift hatte der Kapitän angekündigt – Zeit genug für ein Nickerchen unter Deck. Kräfte sammeln für einen hoffentlich fischreichen Tag! Unruhe brach unter Deck aus, als das Tuckern des Diesels plötzlich leiser wurde. Schnell Zähne putzen, eine Ladung Wasser ins Gesicht und rein in den Floater! An Deck begrüßten uns eine friedliche Nordsee und ein herrlicher Sonnenaufgang.

Alles im Eimer

Schnell machte ich meinen Pilkeimer klar – ein praktisches Teil Marke Eigenbau. Ich habe ihn rundherum mit Schlaufen versehen, in die ich eine Auswahl Pilker einhänge. Im Innenraum finden Messer, Knüppel, eine kleine Dose mit Kleinteilen, Ersatzvorfächer, ein Handtuch, Sonnencreme und eine Flasche Wasser Platz. So habe ich das Wichtigste immer am Mann. Die großen Taschen können sicher vor Spritzwasser und Regen unter Deck bleiben. So stehen sie auch nicht an Deck im Weg oder rutschen bei schwerer See durch die Gegend. Apropos: Gummi-Expander habe ich auch immer dabei. Mit ihnen sichere ich nicht nur den Eimer bei starkem Wellengang, sondern auch die Ruten. Auf dänischen Kuttern sind Stahlrohre an der Reling gängig. Dort stelle ich die Rute hinein, hake den Expander unten am Rohr ein, lege ihn einmal um den Rollenfuß und hake das andere Ende auch unten ein. Hält bombensicher und ich muss mir keine Sorgen machen, dass die Rute bei schwerer See aus ihrem Halter fliegt, während ich unter Deck ein Nickerchen mache.

Schiff oder Fisch?

Diese Frage lässt sich schnell beantworten. Oft genug ist die Rute krumm, ohne dass am anderen Ende etwas mit Kopf oder Flossen schlägt. Eine Sekunde nicht aufgepasst, schon hat sich der stabile Drilling des Pilkers irgendwo an den stählernen oder hölzernen Aufbauten des Wracks verfangen. Mit ein paar kurzen Rucken in die lockere Schnur lässt sich der Bleifisch häufig wieder lösen – aber längst nicht immer! Sitzt das Eisen richtig fest, hilft nur Abreißen – aber bitte nicht über die Rolle. Dafür liegt mein Knüppel parat. Ich wickle einfach die Schnur einige Male darum und lasse die Drift den Rest machen.

Wichtig: Wenn ihr zum Knüppel greift, wickelt die Schnur immer so darum, dass die Lagen nebeneinander und nicht übereinander liegen. Sonst reißt euch die Schnur schnell direkt am Knüppel und ihr verliert etliche Meter der teuren Geflochtenen. Durch konzentriertes Angeln lassen sich viele Hänger auch schon im Vorfeld verhindern. Kommt der Pilker am Grund oder Wrack auf, bringe ich ihn sofort mit zwei, drei schnellen Bewegungen aus der Gefahrenzone. Der Köder muss nicht nach jeder Pilkbewegung wieder am Grund auftreffen. Er darf gerne auch ein, zwei Meter darüber spielen. Dort gibt’s auf jeden Fall Fisch statt Hänger!

Werkzeug fürs Wrack

Eine solide Ausrüstung ist Pflicht beim Wrackangeln auf der Nordsee. Bei einer Tagestour seid ihr gut beraten mit einer 20- bis 30-lbs-Rute. Dazu eine passende Multi- oder auch Stationärrolle mit mindestens 300 Metern 0,17 bis 0,20 Millimeter starker Geflochtener. Auf einer Mehrtagesfahrt würde ich zusätzlich noch eine schwerer Kombi der 50-lbs-Klasse zum Naturköderfischen einpacken. Während bei Tagestrips in der Regel kaum tiefer als 70 Meter gefischt wird, geht’s bei längeren Touren auch schon mal über die 150-Meter-Marke. Am besten fragt ihr vor der Tour mal beim Kapitän nach, wo er zu fischen gedenkt, und stellt euer Gerät passend zusammen. Auf jeden Fall solltet ihr immer auch eine leichte Kombi mit an Bord nehmen. Eine klassische Pilkrute mit 200 Gramm Wurfgewicht reicht bei wenig Drift häufig auch. Wenn dann noch ein Schwarm dicker Köhler über dem Wrack im Mittelwasser steht, ist Drillvergnügen garantiert!

Pilker, Bleie und Montagen

Da wir nie genau wissen, was uns da draußen erwartet, sollten wir Pilker verschiedenster Gewichtsklassen einpacken. Von 100 bis 500 Gramm sollte alles dabei sein. Zusätzlich stecke ich immer noch ein paar 600-Gramm-Bleie zum Naturköderfischen ein. Denn auch lange Leng hausen in den Wracks der dänischen Nordsee. In Sachen Montagen halte ich es einfach und verzichte meistens auf Beifänger aller Art. Nur ein abriebfestes Vorfach – ein bis zwei Meter lang aus 0,80 bis 1,20 Millimeter starker Mono – muss unbedingt sein. Die Geflochtene scheuert an den oft mit Muscheln besetzten Wracks und Riffkanten sonst blitzschnell durch. Wer unbedingt mit mehreren Anbissstellen fischen will, sollte es nicht übertreiben. Ein Beifänger reicht! Unter Umständen zerren sonst auf einmal drei oder vier große Dorsche gleichzeitig an der Rute. Und diesen Kampf verliert ihr ganz sicher!

Im Schnitt sechs Pfund

Meistens kommt es anders als man denkt. So auch bei unserer Tour: Trotz perfekter Wetterbedingungen ließen sich die Fische sehr bitten. Wo tags zuvor noch jede Drift ein Treffer war, kam an diesem Tag höchstens ein Fisch an Deck. Überhaupt bissen auf dieser Tour ungewöhnlich viele kleine Dorsche, was ich so vom Wrackangeln in Dänemark überhaupt nicht kannte. Klein hieß in diesem Fall allerdings immer noch rund sechs Pfund. Am Ende des Tages waren trotz schwieriger Bedingungen alle Fischkisten gut gefüllt und auch einige größere Dorsche bis knapp 20 Pfund waren darunter. Nur die richtigen Brocken fehlten. Aber es kann ja nicht immer klappen.

Filetierservice an Bord

Während der Rückfahrt wurde es eng an der Schlachtbank. Das änderte sich jedoch schnell, als der Wind zunahm und das Hantieren mit den scharfen Messern zum Abenteuer machte. Schon aus diesem Grund machten viele Mitangler vom angebotenen Filetierservice Gebrauch. Diese Dienstleistung wird auf vielen dänischen Nordseekuttern angeboten. Auf der MS Muddi zahlt ihr dafür 10 Kronen (rund 1,35 Euro) pro Kilo Filet – sinnvoll angelegtes Geld, gerade bei ruppiger See! Apropos ruppige See: Tabletten oder Pflaster gegen Seekrankheit gehören auf jeden Fall mit ins Gepäck. Auch wenn ihr eigentlich nicht anfällig für Seekrankheit seid, solltet ihr für den Notfall gerüstet sein. Es kann jeden erwischen – und wer möchte schon 20 Stunden (ohne zu angeln…) an der Reling verbringen?

Fazit

Kuttertouren auf der dänischen Nordsee sind nach wie vor eine spannende Alternative zu Norwegen- oder Ostseetrips. Fischmenge und Durchschnittsgewichte sind in der Regel super und im Vergleich zu Norwegen ist die Anreise ein Klacks – ideal für ein langes Wochenende! Auch lässt sich die Angelei an der dänischen Nordseeküste prima mit einem Familienurlaub kombinieren. Die Kutter bieten unterschiedlich lange Touren an. Vom Tagestrip bis hin zur extremen Acht-Tages-Reise ist für jeden Geschmack das Richtige dabei. Wer allerdings den Großen ans Band bekommen möchte, sollte eher auf eine längere Ausfahrt setzen. Was nicht heißen soll, dass die kurzen Touren „Butterfahrten“ ohne Aussicht auf Erfolg sind. Auch dabei könnt ihr super fangen. Dennoch steigen die Chancen auf einen echten Kracher mit jeder Seemeile, die der Kutter bis zur ersten Drift zurücklegt. In diesem Sinne: „Knæk og bræk“ – Petri Heil!

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